Wer gerne fotografiert kennt das wahrscheinlich nur zu gut: der perfekte Moment für das perfekte Bild währt nur wenige Augenblicke. Das gilt umso mehr, wenn Tiere, Kinder oder zahlreiche Erwachsene gleichzeitig ruhig stehen und in die Kameralinse lächeln sollen. Und natürlich gibt es auch mindestens einen Gast, der sich grundsätzlich nicht fotografieren lassen möchte und sein Gesicht immer wegdreht oder hinter einem anderen Gast verbirgt. So oder so, als Fotograf großer Familienfeiern hat man es nicht immer leicht.
Das Brettspiel “Der perfekte Moment” stellt dieses Dilemma in den Mittelpunkt. Jeder Spieler schlüpft hier in die Rolle eines Fotografen und muss möglichst alle Gäste um den Tisch herum aufstellen und ein Erinnerungsfoto machen. Dabei hat jeder Gast besondere Wünsche, die berücksichtigt werden müssen. Der eine Gast möchte vorne, der andere hinten stehen. Der nächste in der Mitte, aber auf keinen Fall neben einer bestimmten Person. Mit jeder Runde kommen immer mehr Wünsche hinzu, die das Unterfangen immer schwieriger gestalten.
Insgesamt 14 unterschiedliche Gäste mit jeweils 3 Wünschen befinden sich im Spiel. Zu Beginn kennt jeder Spieler nur die Wünsche von drei Gästen. Die Mappen, in denen sich die Wünsche jedes Gasts befinden, werden in jeder Runde durch Tauschaktionen unter den Spielern weitergegeben. So erhält jeder Spieler immer mehr Hinweise zu den Wünschen anderer Gäste. Teilweise passen diese gut zusammen, teilweise schließen sich Bedingungen auch mal aus.
Jeder Spieler hat sechs Runden Zeit, um möglichst viele Wünsche kennenzulernen und die Gesellschaft so um den Tisch herum zu positionieren, dass idealerweise alle Gäste glücklich und zufrieden sind. Jeweils einen der Gäste darf der Fotograf heimlich zu seinem Liebling ernennen. Dieser bringt am Ende mehr Punkte. Zuletzt macht jeder Spieler von seinem perfekten Moment ein Foto. Nur was darauf zu sehen ist, wird am Ende auch gewertet.
Je mehr Wünsche einem Gast erfüllt werden konnten, um so mehr Punkte erhält der Spieler dafür. Ignorierte Wünsche können Minuspunkte bringen. Und auch ein schlechtes Foto kann ungültig sein. Beispielsweise, wenn Gäste nicht vollständig abgebildet sind oder man auch Dinge hinter dem Sichtschirm zu erkennen sind. Am Ende gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten.
Wem das reine Wünsche erfüllen noch nicht ausreicht, der kann mit der Spielvariante “Auktionen” noch ein wenig mehr Wettbewerb unter den Fotografen ins Spiel bringen. Hierbei werden nämlich Informationen zu einzelnen Gästen unter der Hand verkauft. Bezahlt wird dabei mit den Dekorationen, die ihrem Besitzer am Ende natürlich noch mehr Punkte bringen.
Spielzubehör des Spiels
- 4 Sichtschirme
- 4 doppelseitige Bodenplatten
- 4 Tische
- 48 Spielfiguren mit Standfüßen
- 40 Dekorationen, teilweise mit Standfüßen
- 14 Mappen
- 42 Wunschkarten
- 4 Lieblingskarten
- 12 Tauschkarten
- 9 Auktionskarten
- 4 Punktemarker
- 1 Startspielerkarte
Überblick und regeln zu Der perfekte Moment
Spielvorbereitungen
Jeder Spieler baut zu Beginn seinen eigenen Spielbereich auf. Dazu wählt er einen Sichtschirm mit passendem Hintergrund (Natur, Strand, Ballsaal, Bar) und nimmt sich einen Bodenplatte. Beides stellt er vor sich auf. Der Pfeil auf der Bodenplatte sollte dabei zum Spieler zeigen. Wählt anschließend einen Tisch, stellt ihn in die Mitte der Bodenplatte und nehmt euch einen Satz an Dekorationen und Spielfiguren. Die Deko kann beliebig auf dem Tisch verteilt werden, die Figuren werden neben den Spielbereich gelegt.
Bereitet nun die Mappen vor. Hierzu werden alle Wunschkarten gemischt und je drei Wünsche verdeckt in jede Mappe geschoben. Am Ende sollten keine Wünsche mehr übrig bleiben. Verteilt die Mappen anschließend reihum an die Spieler. Bei 2/3/4/5/6 Spielern erhält jeder 5/4/3/2/2 Mappen. Weiter erhält jeder Spieler noch einen Punktemarker und eine Lieblingskarte.
Die restlichen Mappen werden in die Tischmitte gelegt. Daneben werden die Tauschkarten als verdeckter Nachziehstapel platziert. Wählt hier die 6 Tauschkarten, die zu eurer Spielerzahl passen (im folgenden Bild sind das die Karten für 3-4 Spieler).
Spielablauf – So wird der perfekte Moment gespielt
Ziel des Spiels ist es, die Wünsche aller Gäste zu erfahren und die Figuren der Gäste um den Tisch herum so zu platzieren, dass möglichst viele Wünsche erfüllt sind.
Das Spiel beginnt der Spieler, der zuletzt ein Selfie gemacht hat. Der Spieler erhält die Startspielerkarte, auf der die einzelnen Rundenphasen beschrieben sind. Eine Runde besteht dabei immer aus den folgenden Schritten: Eigene Mappen anschauen und Figuren bewegen (1), Tauschkarte aufdecken und ausführen (2), Tauschkarte abwerfen und Startspielerkarte nach links weitergeben (3).
Eigene Mappen anschauen und Gäste aufstellen
Jeder Spieler schaut sich geheim die Wünsche aller Gäste an, deren Mappen er gerade besitzt. Anschließend stellt jeder seine Figuren so um den Tisch auf, das möglichst viele Wünsche erfüllt sind. Es dürfen auch schon Gäste aufgestellt werden, deren eigene Wünsche ein Spieler noch gar nicht kennt. Und sollte ein Spieler alle Wünsche eines Gastes erfüllen, so kann er seine Lieblingskarte in die Mappe stecken. Dieser Gast wird dann bei der Schlusswertung doppelt gewertet.
Ein Beispiel für die ersten 3 Gästemappen:
Der Hund möchte in der dritten Reihe am Tisch neben einem bestimmten Mann stehen und keinesfalls neben einer Frau. Der Mann möchte mittig neben der Yucca stehen und nicht verdeckt werden. Die Yucca möchte links am Rand neben einer Frau stehen, deren Wünsche der Spieler aber noch nicht kennt. Da der Spieler alle Wünsche des Mannes erfüllen konnte, schiebt er seine Lieblingskarte in dessen Mappe.
Tauschkarte aufdecken und neue Hinweise sammeln
Sobald alle Spieler ihre Mappen gesichtet und die Figuren platziert haben, deckt der Startspieler die oberste Tauschkarte auf und liest sie laut vor. Anschließend wird der beschriebene Tausch durchgeführt. In der Regel erhält dabei jeder Spieler mindestens eine neue Mappe aus der Tischmitte oder von einem anderen Spieler, die wieder neue Wünsche eines weiteren Gastes enthält. Eventuell sieht man dabei auch schon, welcher Gast bereits eine Lieblingskarte erhalten hat. Diesem Gast sollte man auch alle Wünsche recht machen.
Tauschkarte abwerfen, Startspieler wechseln
Sobald alle Spieler fertig sind, beende der Startspieler die Runde. Die aktuelle Tauschkarte wird aus dem Spiel genommen und die Startspielerkarte an den linken Nachbarn weitergegeben. Eine neue Runde beginnt.
Weiterer Spielverlauf und Spielende
Das Spiel läuft nach dem Startspielerwechsel so weiter. Die Spieler schauen sich immer zuerst ihre neuen Gastmappen an und bewegen die Figuren in ihrem Bild. Dann wird eine Tauschkarte aufgedeckt und einige Mappen wandern zu neuen Spielern. Jede neue Information macht das Gruppenbild dabei ein wenig komlizierter. Am Ende könnte die die Gesellschaft so aussehen:
Schlusswertung und Gewinner des Spiels
Eine Partie endet nach 6 Runden. Jetzt dürfen sich alle Spieler noch ein letztes Mal ihre Mappen anschauen und auch alle Figuren bei Bedarf umstellen. Dann macht jeder Spieler mit seinem Mobiltelefon oder Tablet ein Foto von seiner Gesellschaft (siehe Bild oben). Auf dieses Foto kommt es bei der Schlusswertung auch an. Hier darf der Winkel so gewählt werden, dass manche Gäste gut zu sehen sind, während andere verdeckt werden.
Dann deckt jeder Spieler seinen Sichtschirm auf und klappt die Seitenteile um. Auf der linken Seite zeigt sich eine Punkteleiste, auf die der Punktemarker gelegt wird. Auf der rechten Seite stehen die Punkte, die ein Spieler pro erfüllten Wunsch und pro Gast erhalten kann.
Geht nun einen Gast nach dem anderen durch, zeigt die Wünsche und prüft bei jedem Spieler, wie viele Wünsche erfüllt wurden. Für erfüllte Wünsche gibt es Pluspunkte, für komplett unerfüllte Wünsche dagegen Minuspunkte, wenn sich der Gast auf dem Bild befindet. Gäste mit Lieblingskarte werden pro Lieblingskarte erneut gewertet. Jeder Spieler zieht seinen Punktemarker entsprechend weiter. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt das Spiel.
Spielvariante mit Autionen
Das bisher beschriebene Spiel stellt eigentlich nur das Basisspiel dar. So richtig rund wird das Ganze aber erst, wenn man mit der Aktions-Variante spielt. Hierbei werden drei Tauschkarten gegen drei Auktionskarten ausgetauscht. Im Spielverlauf können die Spieler nun ihre Informationen zu Gästen an die anderen Spieler verkaufen. Bezahlt wird mit Dekorationen, also Kerzenständern, Weinkübeln, Tellern und so weiter, die bei Spielende zusätzliche Siegpunkte bringen. Für je 2 Dekorationsgegenstände erhält ein Spieler dann 1 Siegpunkt.
Fazit zum Brettspiel: Der perfekte Moment
Schon allein die Idee zum Spiel ist ungewöhnlich, neu und mindestens beachtenswert. Wer schon einmal eine Sitzordnung für eine Hochzeitsgesellschaft planen musste, wollte das anschließend vermutlich kein zweites Mal machen. Und wer schon einmal als Hobby-Fotograf eine Familienfeier dokumentieren durfte, der wird erlebt haben, dass der eine oder andere Gast immer gerade wegschaut, wenn man den Auslöser betätigt. Diese Erlebnisse in einem Brettspiel aufleben zu lassen, macht schon Spaß. Zumindest mehr als im echten Leben.
Vor dem ersten Spiel hat man erstmal was zu tun. Insgesamt 56 Gäste und 16 Dekorationen müssen ausgestanzt und vorsichtig in ihre Stehfüße gesteckt werden. Was hier bereits auffällt: die Tische sehen zusammengebaut nicht ganz so schick aus, wie einem das auf der Rückseite der Spielbox oder auf den Bildern der Spielanleitung gezeigt wird. An den Ecken befinden sich natürlich Faltspuren, die man natürlich deutlich sieht. Aber dafür sind die Tische äußerst stabil. Die Figuren und Dekorationen sind ebenfalls stabil und stehen verhältnismäßig gut in ihren Stehfüßen. Die Gästemappen sind aus dicker Pappe und wirken auch nach mehreren Partien wie neu. Beim Material gibt es also wenig auszusetzen.
Die Spielregel ist schnell gelesen, zumal die wesentlichen Informationen auch auf der Startspielerkarte stehen. Sieht man mal von den Vorbereitungen der Wunschkarten für alle 14 Gäste ab, ist man schnell in der ersten Spielrunde drin. Der Ablauf ist dann recht schlank gehalten, viel nachzulesen gibt es eigentlich auch nicht. Etwas mehr Aufwand bereitet dann das Spiel mit allen Regeln (Auktionen, ungültige Fotos,…), da man hierzu die zweite Spielregel – das Fotografenhandbuch – durchgehen muss. Das ist dann schon umfangreicher, da hier wirklich alles noch einmal erklärt wird. Wer die Seiten dann nur überfliegt, könnte was wichtiges überlesen. Hier hätte man Wiederholungen und neue Regeln farblich besser trennen können.
Vom Spielgefühl her bietet das Spiel schon etwas Besonderes. Zum einen liegt das natürlich am Thema selbst, das in dieser Form für uns noch recht neu und somit unverbraucht ist. Zum anderen bietet das Spiel aber auch eine völlig neue Version des Puzzlespiels: statt jede Figur (=Puzzlestein) an seine einzige passende Stelle zu legen, müssen hier viele unterschiedliche Kriterien berücksichtigt werden. Und diese widersprechen sich teilweise sogar. Dass man nicht immer alle Wünsch aller Gäste auf der Hand hat und sich manches merken muss, kommt dabei noch erschwerend hinzu.
Schön ist auch, dass es eigentlich keine großen Wartezeiten (Downtime!) gibt. Alle Spieler tauschen gleichzeitig Gästemappen und bewegen auch gleichzeitig die Figuren auf ihrem Bild. Natürlich braucht mancher Spieler dafür auch mal länger. Man kann sich hier schon recht schnell in Details verlieren. Bei unseren Partien ist das bisher noch nicht negativ aufgefallen.
Besondere Spannung kommt auch immer auf, wenn am Ende die Fotos gemacht und die Sichtschirme aufgedeckt werden. Obwohl alle Spieler dieselben Kriterien erfüllen sollten, kommen immer völlig unterschiedliche Positionierungen heraus. Die Wertung wird dabei fast schon zur Nebensache. Der reine Spaß steht im Vordergrund.
Was uns weniger gefallen hat, aber im Grunde zum Wesen des Spiels gehört: je mehr Figuren um den Tisch herum stehen, umso wackliger wird die Angelegenheit. Ein versehentlicher, kräftiger Stoß gegen den Spieltisch kann die aufgestellten Figuren schon einmal umfallen lassen. Und mit zunehmender Gästezahl wird die Angelegenheit in den hinteren Reihen oder in der Mitte um den Tisch herum schnell mal zur Fummelei. Da ist dann eine ruhige Hand und etwas Geduld gefordert. Auf der anderen Seite trainiert das Spiel so gleich unsere Motorik.
Unterm Strich bringt das Spiel eine überaus frische Spielidee auf den Tisch, die bei uns auch Spieler begeistern konnte, die sonst eher selten mehrere Partien desselben Spiels direkt nacheinander spielen wollen. Interessant ist auch, dass den Kindern das Spiel mit den Figuren wahnsinnig viel Freude bereitet. Damit hatten wir in der Form gar nicht gerechnet. Einmal gestartet, sind sie jedes Mal regelrecht im Spiel versunken und haben immer versucht, es jedem Gast irgendwie recht zu machen. Frustmomente gab es dabei natürlich auch. Als Familienspiel eignet sich Der perfekte Moment aber prima.
Wer einmal etwas völlig Neues ausprobieren möchte, sollte sich der perfekte Moment auf jeden Fall anschauen. Für uns hat es sich gelohnt. Wir werden noch einige Partien mit den Kindern, Freunden und Verwandten spielen und dabei das eine oder andere lustige Foto machen.