Die weiß-blauen Keramikfliesen, auch Azulejos genannt, wurden einst von den Mauren eingeführt. Doch unter König Manuel I verbreiteten sich die schönen Azulejos auch in Portugal. Dieser wollte die Wände seines Palastes in Evora mit denn prachtvollen Fliesen geschmückt sehen und gab seinen Bediensteten den Auftrag hierzu.
Im Brettspiel Azul, dem Spiel des Jahres 2018, schlüpfen die Spieler in die Rolle der Bediensteten des Königs und müssen die Wände des Palastes mit Azulejos verzieren. Jeder Spieler erhält hierzu ein eigenes Spielertableau, auf dem eine Art Sammelplatz für Fliesen als auch die zu verzierende Wand abgebildet sind. In der Tischmitte liegen dagegen unterschiedliche Manufakturen, auf denen wiederum unterschiedlich gemusterte Fliesen liegen.
In einer Spielrunde durchlaufen die Spieler dann zunächst eine Musterungsphase, in der sie sich die benötigten Keramikfliesen aus den Manufakturen besorgen und auf ihrem Sammelplatz ablegen. Da alle Fliesen aus der Tischmitte einen Abnehmer finden müssen, muss der eine oder andere Spieler auch ungewollt Fliesen aufnehmen. Nach der Musterung kommt die Fliesungsphase, in der die Spieler nun fertige Sammlungen auf ihrem Tableau an der Palastwand anbringen können. Dafür erhalten sie auch sofort Siegpunkte. Je besser eine Fliese positioniert wurde, um so mehr Punkte erhält der Spieler dafür.
Es werden so viele Runde gespielt, bis der erste Spieler eine vollständige horizontale Reihe an seiner Wand fertigstellen konnte. Die laufende Runde wird noch zu Ende gespielt und gewertet. Anschließend erfolgt die Schlusswertung, bei der die Spieler nochmal Sonderpunkte für ihre verzierte Wand erhalten können. Der Spieler mit den insgesamt meisten Punkten gewinnt dann die Partie Azul.
Spielzubehör von Azul
- 100 bunte Fliesen aus Kunstharz (je 20 pro Farbe/Muster)
- 9 Manufakturplättchen
- 4 doppelseitige Spielertableaus
- 4 Punktemarker
- 1 Startspielermarker
- 1 Stoffbeutel
Ausführliche Spielregeln zu Azul
Spielvorbereitungen
Die runden Manufakturplättchen werden in die Tischmitte gelegt. Die Anzahl ist abhängig von der Zahl der teilnehmenden Spieler. Bei 2/3/4 Spielern werden 5/7/9 Manufakturplättchen benutzt.
Die 100 Fliesen werden in den Stoffbeutel gegeben und gut durchgemischt. Anschließend werden die Fliesen verdeckt aus dem Stoffbeutel gezogen und je vier davon auf jedes Manufakturplättchen gelegt.
Jeder Spieler erhält ein Spielertableau und legt diese vor sich ab. Die Spieler haben die Wahl zwischen dem normalen Spiel mit der bunten Tableauseite (wie im Bild) oder der Variante ohne farbliche Vorgaben.
Weiter nimmt sich jeder Spieler einen Siegpunktemarker und legt diesen auf das Feld “0” der Siegpunkteleiste auf seinem Tableau.
Ein Startspieler wird ermittelt. Dieser erhält noch das Startspielerplättchen und legt es neben dem Tableau ab.
Spielablauf
Ziel des Spiels ist es, durch das geschickte Ablegen von Fliesen über mehrere Spielrunden ingesamt die meisten Siegpunkte zu sammeln.
Das Spiel beginnt der Spieler mit dem Startspielermarker. Die anderen Spieler folgen nacheinander im Uhrzeigersinn. Gespielt werden mehrer Durchgänge. In jedem Durchgang durchlaufen die Spieler mehrere Phasen: die Musterphase (1), die Fliesungsphase (2) und die Wertung des Spielzugs (3).
In der Musterphase werden die Fliesen verteilt
Beginnend mit dem Startspieler können sich die Spieler nacheinander Fliesen von den Manufakturen oder aus der Tischmitte aussuchen und auf ihr Tableau legen.
Fliesen aus der Manufaktur nehmen: Der Spieler entscheidet sich für eines der Manufakturplättchen und für eine Fliesenfarbe, die darauf abgelegt wurde. Er nimmt sich alle Fliesen dieser Farbe, die sich auf dem Plättchen befinden und legt sie auf sein Tableau. Die restlichen Fliesen der Manufaktur schiebt er in die Tischmitte. Der nachfolgende Spieler ist anschließend an der Reihe.
Ein Beispiel:
Fliesen aus der Tischmitte nehmen: Sobald die ersten Fliesen in der Tischmitte liegen, kann der Spieler – statt der Fliesen aus der Manufaktur – auch die Fliesen aufnehmen. Auch hier muss er sich für genau eine Farbe entscheiden und alle Fliesen dieser Farbe zu sich nehmen. Die Fliesen legt er auf seinem Tableau ab.
Beim Ablegen muss der Spieler zwei Grundregeln beachten:
- Alle neu genommenen Fliesen müssen sofort in genau einer Reihe seines Tableaus abgelegt werden. Ein Verteilen auf mehrere Reihen ist nicht erlaubt.
- Muss ein Spieler mehr Fliesen aufnehmen, als er auf die noch freien Plätze einer Reihe ablegen kann, muss er die überzähligen Fliesen auf der Minuspunkteleiste am unteren Rand seines Tableaus platzieren.
In der Fliesungsphase wird die Wand verziert
Sobald alle Fliesen von den Manufakturen und aus der Tischmitte unter den Spielern verteilt worden sind, erfolgt die Fliesungsphase. Hierbei werden die gesammelten Fliesen aller fünf Reihen auf Vollständigkeit geprüft und gegebennenfalls gewertet.
Ist ein Reihe vollständig mit Fliesen gefüllt, darf der Spieler eine der gesammelten Fliesen dieser Reihe nehmen und auf seine Wand auf der rechten Teableauseite legen. Die Fliese wird dabei sofort gewertet und der Punktemarker des Spielers weitergezogen. Die restlichen Fliesen dieser Reihe kommen anschließend zurück in den Stoffbeutel.
Ist eine Reihe unvollständig, so bleiben die dort befindlichen Fliesen liegen. Es erfolgt keine Wertung und der Spieler hat in der nachfolgenden Runde wieder die Möglichkeit, die noch fehlenden Fliesen der Reihe zu ergänzen.
Die Wertung am Ende der Runde
Jede Fliese, die ein Spieler in der Fliesungsphase zur Wand rüberschieben konnte, bringt ihm mindestens einen Punkt ein. Jede Fliese wird sofort gewertet.
Eine einzelne Fliese, die weder senkrecht noch waagerecht an eine andere Fliese angrenzt, bringt dem Spieler einen Punkt. Beispielsweise die türkisene Fliese rechts oben im Bild.
Grenzt eine Fliese senkrecht oder waagerecht an einer anderen Fliesen an, so erhält der Spieler für jede dieser Fliesen jeweils einen Punkt. Beispielsweise bringt die verzierte gelbe Fliese unten links im Bild, die zwei Punkte einbringt.
Grenzt eine Fliese senkrecht und waagerecht ununterbrochen an mehrere Fliesen an, so erhält der Spieler für alle senkrecht angrenzenden Fliesen und für alle waagerecht angrenzenden Fliesen jeweils einen Punkt. Die neu gelegte Fliese wird dabei doppelt gewertet, einmal für die senkkrechte und einmal für die horizontale Reihe.
Minuspunkte erhalten die Spieler, wenn in ihrer Minuspunkteleiste überzählige Fliesen oder der Startspielermarker liegen. Je mehr Fliesen im Rundenverlauf hier abgelegt werden mussten, umso mehr Minuspunkte kassiert der Spieler.
Spielende und Gewinner des Spiels
Das Spielende von Azul wird eingeleitet, sobald der erste Spieler alle Felder einer horizontalen Reihe mit den passenden Fliesen ausschmücken konnte. Die Runde wird noch zu Ende gespielt und regulär gewertet.
Anschließend erfolgt die Schlusswertung. Jetzt erhalten die Spieler zusätzliche Punkte für alle vollständigen horizontalen und vertikalen Reihen. Weiter gibt es Punkte für jede Fliesenart, für die alle Felder an der Wand ausgeschmückt werden konnten. Der Spieler mit den insgesamt meisten Punkten gewinnt das Spiel.
Fazit zum Legespiel Azul
Mit Azul liefert Michael Kiesling ein schönes und auch außergewöhnliches Legespiel ab, das durch eine tolle Optik und die gut funktionierende Spielmechanik zu überzeugen vermag. Nicht umsonst wurde das Spiel auch zum Spiel des Jahres 2018 gekürt und fand zudem in Die Buntglasfenster von Sintra und Der Sommerpavillion ebenso schöne Fortsetzungen.
Das Spielzubehör ist sehr hochwertig. Insbesondere die bunten Fliesen aus Kunstharz fühlen sich gut an und sehen auch sehr hübsch aus. Die Spielertableaus und Manufakturplättchen sind äußerst stabil. Der Stoffbeutel sieht ebenfalls ansprechend aus und ist – im Gegensatz zu vielen anderen Spielen – auch sehr gut vernäht. Allein der kleine, schwarze Siegpunktemarker wirkt im Gegensatz zum restlichen Zubehör viel zu “gewöhnlich” und farblos. Die Spielbox bietet für die Plättchen passende Vertiefungen und die Fliesen können somit Stoffbeutel gut verstaut werden.
Der Einstieg ins Spiel gelingt erstaunlich schnell. Besteht doch der Spielverlauf im Wesentlichen aus Kacheln einer Farbe von einer Manufaktur oder aus der Tischmitte nehmen und auf dem eigenen Tableau in einer Reihe platzieren. Die Wertung hat man spätestens nach der zweiten Runde ebenfalls verinnerlicht. Hier gilt: einfach mal losspielen. Der Rest kommt schnell von allein. Bei Fragen hilft die Spielanleitung schnell, die zum einen nur wenige Seiten umfasst und zum anderen mit ausreichend Bildern und Beispielen versehen wurde.
Trotz einfachster Regeln und Spielabläufe vermag Azul maximal zu fesseln. Das liegt natürlilch auch an dem schönen Zubehör. Auf der anderen Seite erschafft das Spiel aber eine wunderbare Balance aus Spannung und Entspannung zugleich. Spannung bei der Auswahl der immer weniger werdenden Fliesen auf den Manufakturen und in der Tischmitte. Entspannung beim Verschieben der Fliesen und beim Schmücken der eigenen Wand auf dem eigenen Tableau.
Ob nur zu zweit oder mit mehreren Spielern macht gefühlt fast keinen Unterschied. Allein die Anzahl an Manufakturen und somit die Auswahl an Fliesen steigt pro Spieler an. Weiter verändert sich die Auswahl auf dem Spielfeld stärker zwischen den eigenen Spielzügen, was den Spannungsbogen aber eher positiv beeinflusst. Die Wartezeit zwischen den eigenen Spielzügen ist angenehm kurz. Zumal es auch Spaß bereitet, den anderen Spielern bei ihren Spielzügen zu beobachten. Ganz aus dem Blick verlieren sollte man die Tableaus der Mitspieler sowieso nicht. Das gilt besonders in den Schlussrunden, bei denen nicht jeder Spieler noch jede Fliesenfarbe verarbeiten kann.
Unterm Strich ist Azul für uns eines der besten Spiele seines Jahrgangs. Unter den Legespielen definitiv das Beste. Es macht einfach durchweg Spaß.