Während in dem Klassiker Monopoly fast schon chronischer Geldmangel herrscht, so mangelt es im Brettspiel Kolejka durchgehend an Waren. Das in Polen zum Spiel des Jahres ausgezeichnete Gesellschaftsspiel hat sich das Konzept der Planwirtschaft vorgeknöpft und lässt die Spieler nicht um Geld, wohl aber um Waren in den immer leeren Geschäften anstehen. Das ist nicht nur lehrreich, sondern macht auch noch außerordentlich viel Spaß.
Jeder Spieler wird zu Beginn mit einem Einkaufszettel, einigen Aktionskarten und mehreren Spielfiguren ausgestattet. Die Spielfiguren muss er in die Warteschlangen vor den zahlreichen Geschäften auf dem Spielplan einreihen. Je weiter eine Figur vorne in der Warteschlange steht, um so wahrscheinlich ist es, dass der Spieler auch eine Ware erhält. Sobald alle Figuren stehen, werden die Geschäfte mit neuen Waren beliefert. Über Lieferscheine werden hier nur ausgewählte Geschäfte beliefert und auch die Stückzahl variieren. Mal erhält ein Geschäft drei Waren, manchmal nur eine. Sobald bekannt ist, wo und in welcher Stückzahl es Waren zu holen gibt, können die Spieler ihre Aktionskarten ausspielen. Dadurch werden die wartenden Spielfiguren in andere Warteschlangen vorschoben, vorgesetzt, Fremdfiguren blockiert und so weiter – es wird also mit allen lauteren und unlauteren Mitteln um die beste Position in der Warteschlange gestritten.
Sobald die Läden dann ihre Pforten öffnen, erhalten die vordersten Figuren einer Warteschlange nacheinander ihre Waren, bis der Vorrat erschöpft ist. Die übrig gebliebenen Figuren müssen die nächste Lieferung abwarten. Wer das nicht möchte, der kann auch versuchen die fehlenden Waren seines Einkaufszettels auf dem Schwarzmarkt zu tauschen. Das ist zwar teurer, führt aber gelegentlich schneller zum Ziel. Und damit noch nicht genug. In jeder Warteschlange befinden sich nicht nur die Figuren der Spieler sondern auch Spekulanten, die mit jeder ausgegebenen Ware um eine Position nach vorne rutschen und irgendwann den Spielern die Waren streitig machen.
Hat ein Spieler schließlich alle Güter auf seinem Einkaufszettel besorgt, endet das Spiel und der Spieler ist der Gewinner.
Spielzubehör von Kolejka
- 1 Spielplan
- 1 Lieferwagen-Tableau
- 1 Startspielermarker
- 1 Figur “Marktfrau”
- 30 Spielfiguren
- 60 Warenkarten
- 15 Lieferkarten
- 50 Aktionskarten
- 5 Einkaufszettel
- 5 Übersichtskarten
Ausführliche Spielregeln zu Kolejka
Spielvorbereitungen
Der Spielplan und das Lieferwagen-Tableau werden gut erreichbar in die Tischmitte gelegt. Die Lieferkarten werden gemischt und verdeckt auf das zugehörige Spielplanfeld gelegt. Die Figur “Marktfrau” wird auf das erste Feld des Schwarzmarkts gestellt. Die Warenkarten werden nach Farbe sortiert, gemischt und verdeckt auf die entsprechenden Lieferwagen gelegt. Jeweils eine Karte pro Warensorte wird aufgedeckt und auf ein freies Feld des Schwarzmarktes gelegt.
Jeder Spieler wählt eine Farbe und erhält dazu passend eine Übersichtskarte, zehn Aktionskarten, fünf Spielfiguren und einen Einkaufszettel. Die Aktionskarten werden von den Spielern verdeckt gemischt und als eigene Nachziehstapel abgelegt. Die obersten drei Aktionskarten des eigenen Stapels nimmt jeder Spieler sofort auf die Hand. Ihre Einkaufszettel legen die Spieler offen vor sich ab.
Spielablauf
Ziel des Spiels ist es, als erster Spieler alle Waren auf dem eigenen Einkaufszettel zu besorgen.
Vor der ersten Spielrunde bringen die Spieler die eigenen Spielfiguren und die Spekulanten in Position. Der Startspieler erhält den Startspielermarker und stellt seine erste Figur an den vordersten Platz einer Wartereihe vor einem Geschäft seiner Wahl. Dann geht es im Uhrzeigersinn so lange weiter, bis alle Spieler ihre Spielfiguren vor den Geschäften positioniert haben. Jetzt wird jeweils ein Spekulant (die schwarzen Figuren) an das Ende jeder Warteschlange gestellt.
Das Spiel beginnt, sobald alle Spielfiguren und Spekulanten stehen. Gespielt wird über mehrere Runden. Jede Spielrunde besteht dabei aus fünf Phasen, in denen sich die Spieler vor den Geschäften anstellen (1), Waren geliefert werden (2), die Spieler versuchen sich in den Warteschlangen vorzudrängeln (3), die Warenausgabe stattfindet (4) und zuletzt auf dem Schwarzmarkt getauscht werden kann (5). Nach jeder Spielrunde wird das Spielfeld kurz “aufgeräumt” und schon geht es weiter – bis der erste Spieler alle seine Waren eingekauft und/oder getauscht hat.
Phase 1 | Arbeiter auf Warteschlangen verteilen
Hat ein Spieler zu Beginn einer neuen Spielrunde eine oder mehrere eigene Figuren vor sich stehen, muss er diese wieder in den Warteschlangen vor den Geschäften einreihen. Hierzu stellt er genau eine seiner Figuren an das Ende einer beliebigen Warteschlange vor einem beliebigen Laden. Anschließend folgen alle Spieler nacheinander im Uhrzeigersinn. Jeder Spieler, der ebenfalls noch eigene Spielfiguren vor sich stehen hat, darf immer jeweils eine davon in eine Warteschlange stellen. Das geht so lange weiter, bis alle Spielfiguren der Spieler auf dem Spielplan untergebracht wurden.
Wichtig: Kein Spieler darf eigene Figuren für eine andere Spielrunde vor sich stehen lassen. Jeder Spieler muss seine Figuren sofort wieder einsetzen, auch wenn die Aussicht auf den Erhalt einer Ware schlecht ist oder er seine Figuren nur vor leere Geschäftsregale stellen kann.
Phase 2 | Die Anlieferung neuer Waren
Der Startspieler übernimmt jeweils die Rolle des Spielleiters und muss in dieser Phase die Warenlieferung übernehmen. Hierzu deckt er je nach Spielerzahl zwei oder drei Lieferscheine vom verdeckten Nachziehstapel auf und legt sie offen auf die vorgesehenen Felder des Spielplans. Auf jedem Lieferschein abgebildet ist der Name eines Geschäfts, eine bestimmte Warensorte und die Anzahl an Waren, die in dieser Lieferung enthalten sind. Zuletzt ordnet der Spielleiter die entsprechenden Anzahl an Warenkarten aus den LKWs den auf den Lieferscheinen angegebenen Geschäften zu. Bereits jetzt sehen die Spieler, in welchen Läden es in dieser Spielrunde was zu holen gibt.
Phase 3 | Drängelei in den Warteschlangen
Wo die Nachfrage größer als das Angebot ist, da wird auch gerne mal gedrängelt und geschummelt. Genau das passiert jetzt. Nach der Belieferung der Geschäfte kann jeder Spieler sehen, ob eine seiner Spielfiguren weit genug vorne in der Warteschlange steht, um eine der seltenen Waren zu ergattern. Ist dies der Fall können ihm die anderen Spieler diese Position noch streitig machen. Ist dies nicht der Fall, kann er selber dafür sorgen, dass seine Figur noch weiter vorrückt – und zwar durch das Ausspielen der eigenen Aktionskarten.
Ist ein Spieler an der Reihe, darf er genau eine seiner Aktionskarten ablegen und die beschriebene Aktion in Anspruch nehmen. Dann geht es im Uhrzeigersinn so lange weiter, bis alle Spiele ihre Aktionskarten ausgespielt haben. Alternativ darf ein Spieler auch zu einem beliebigen Zeitpunkt passen. Seine Handkarten legt er dann wieder verdeckt auf den eigenen Nachziehstapel. Wer einmal gepasst hat, darf in der laufenden Spielrunde keine Aktionskarten mehr benutzen.
Phase 4 | Wer zuerst kommt, mahlt zuerst – der Einkauf in Kolejka
Die Ladentüren öffnen sich – jetzt werden die Geschäfte nacheinander abgehandelt und die Güter unter das Volk gebracht. Der vorderste Spieler in einer Warteschlange nimmt sich die oberste Warenkarte und legt sie sichtbar vor sich ab. Seine Figur nimmt er ebenfalls zurück und stellt sie vor sich ab. Die nachfolgenden Spielfiguren in der Warteschlange rücken alle um ein Feld vor. Befinden sich noch weitere Waren in dem Geschäft, ist nun der nächste Spieler an der Reihe und darf sich die Ware nehmen. So geht es weiter, bis entweder alle Waren aus den Geschäften verkauft wurden oder keine Spielfiguren mehr vor einem Geschäft mit Waren warten.
Alle Spielfiguren, die in dieser Runde leer ausgingen, bleiben unverändert an ihrer Position in der Warteschlange stehen. Alle Waren, die nicht verkauft wurden, bleiben in den Geschäften liegen und stehen in der nächsten Runde weiterhin zum Verkauf.
Ein Sonderfall tritt ein, wenn ein Spekulant (schwarze Spielfigur) an erster Stelle vor einem Geschäft steht, das noch Waren im Lager hat. In diesem Fall ergattert der Spekulant eine Ware. Das hat zur Folge, dass die oberste Warenkarte aus dem Laden direkt auf das entsprechende Feld des Schwarzmarkts wandert und den Spielern ab sofort zum Tausch gegen andere Waren zur Verfügung steht. Die Figur des Spekulanten wird anschließend nicht entfernt, sondern direkt wieder an das Ende der Warteschlange desselben Geschäfts gestellt.
Phase 5 | Warentausch – zur Not auf dem Schwarzmarkt
Werden bestimmte Geschäfte einfach nicht beliefert oder ist die Warteschlange schon zu lang, dann kann der Schwarzmarkt in Kolejka Abhilfe schaffen. Dieser besteht aus fünf Feldern, auf denen bei Spielbeginn jeweils eine Ware pro Sorte ausliegt. Um hier Tauschgeschäfte zu tätigen, müssen sich die Spieler allerdings ebenfalls in einer Warteschlange anstellen. Ist ein Spieler dann an der Reihe, darf er eine Warenkarte im Verhältnis 2:1 gegen beliebige Waren aus dem eigenen Vorrat tauschen. Warenkarten, vor denen die Figur der Marktfrau gerade steht, können sogar im Verhältnis 1:1 getauscht werden. Die Marktfrau wandert immer am Ende einer Runde im ein Feld weiter. Es ist also möglich, die eigenen Aktionen auf dem Schwarzmarkt im Voraus zu planen.
Am Ende jeder Spielrunde
Wurden alle Phasen durchlaufen, wird das Spielfeld aufgeräumt. Alle offenen Lieferkarten werden auf das Feld mit dem Papierkorb gelegt. Die Marktfrau wird ein Feld weitergezogen. Jeder Spieler nimmt sich die obersten drei Karten seines Nachziehstapels auf die Hand. Der Startspielermarker wird im Uhrzeigersinn an den nächsten Spieler weitergereicht – dieser ist in der Folgerunde der neue Spielleiter.
Spielende und Gewinner des Spiels
Eine Partie Kolejka endet sofort, sobald der erste Spieler alle Waren auf seinem Einkaufszettel besorgen konnte. Sollten mehrere Spieler die Siegbedingung gleichzeitig erfüllen, so gewinnt der Spieler mit den meisten zusätzlichen Waren.
Fazit zum Brettspiel Kolejka
Sei es nun in Form eines Brettspiels oder mit richtigem Körbchen und Waren – bereits ab dem Kleinkindalter sammeln die meisten Spielebegeisterten erste Erfahrungen im “Einkaufsladen”. Hier werden Einkaufszettel erstellt, Waren in Einkaufswägen gelegt und am Ende an der Registrierkasse bezahlt. Kolejka greift dieses Kinderspielkonzept auf und stülpt ihm das System der Planwirtschaft gekonnt über. Das ist wirklich gelungen.
Das Spielzubehör ist auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig, passt aber zum gesamten 80er Jahre Charme des Spiels. Wer genau hinschaut kann erkennen, dass hier mit sehr viel Liebe zum Detail gearbeitet wurde. Besonders schön ist auch das Vorwort in der Spielregel zu Kolejka, das ein kleines Bild zu den Zuständen in Polen der 80er Jahre vermittelt. Mit dem Nachwort wird auch gleich ein Blick auf die Planwirtschaft in der ehemaligen DDR geworfen. Das wirkt insgesamt alles gut durchdacht und rund. Wer daran kein Interesse hat, der kann die Hintergrundinformationen leicht überspringen und direkt mit den Spielvorbereitungen und dem Spielablauf starten. Es wird in Kolejka niemand zu einer Geschichtsstunde gezwungen!
Der Einstieg ins erste Spiel gelingt auf jeden Fall sehr schnell. Nach der ersten Spielrunde (nicht dem ersten Spiel!) hat jeder den Ablauf verinnerlicht und kann sich auf seinen Einkaufszettel konzentrieren. Der Spielverlauf bietet dann fast alles, was ein gutes Gesellschaftsspiel benötigt. Etwas Taktieren beim Positionieren der Spielfiguren, Spannung beim Aufdecken der Lieferscheine, viel Interaktion mit großem Ärgerpotenzial beim Ausspielen der Aktionskarten und am Ende oftmals auch etwas Glück bei der Warenausgabe.
Lange Wartezeiten finden eigentlich in keiner Spielphase statt. Eine Partie Kolejka ist in der Regel auch wirklich nach einer guten Stunde rum. Und zumindest bei unseren bisherigen Spielrunden durchliefen die Spieler die verschiedensten Emotionen. Da war von ehrlicher Freude über Frust, Schadenfreude, unverhofften Glücksgefühle und manchmal auch Wut wirklich alles dabei.
Aufgrund des Spielthemas ist Kolejka vermutlich nicht jedermanns Sache. Trotzdem liegt hier ein irgendwie anderes, authentisches, wirklich gelungenes Brettspiel vor. Vielleicht der bisherige Geheimtipp 2015 für alle, die noch auf der Suche nach etwas Neuem auf dem Spieltisch sind.
– Herzlichen Dank an HUCH & friends für das Rezensionsexemplar –